MilchtueteAls ich heute Morgen an der Arbeit die Milchtüte aufreißen wollte, ist mir die Lasche des Kunststoffverschlusses abgerissen. Ohne Werkzeug ließ sich die Milch nicht öffnen. Gut, dass wir hier im Office eine Zange liegen haben (fragen sie nicht) und ich so Abhilfe schaffen konnte. Durch das Missgeschick ausgelöst habe ich mir überlegt, was genau eigentlich so schlecht daran war, die Milchtüte an einer Ecke aufzuschneiden. Für die jüngeren Leser: Früher hat man einfach eine der seitlichen laschen hochgeklappt, die Ecke abgerissen oder besser abgeschnitten und die Milch aus dieser Öffnung ausgegossen.

Zugegeben auch das hat zu Problemen geführt. Wurde gerissen blieb oft etwas Folie aus der Innenseite der Verpackung hängen und sorgte für ein unschönes Tropfen und bei relativ vollem Karton schwappte der Inhalt mehr heraus als er floss. Und jeder mit einem besonders ausgeprägten Hygienebedürfnis schlägt vermutlich die Hände über dem Kopf zusammen. Allerdings kann ich mich auch nicht daran erinnern, dass wir wegen Milchgenuss ständig eine Magenverstimmung gehabt hätten.

Bei genauerem Nachdenken entpuppt sich die Vergangenheit oft gar nicht als so rosig. Zum Beispiel brauchte man früher zum Telefonieren nicht nur Kleingeld sondern auch eine Telefonzelle. Die gab es nicht überall und oft war es so, dass man eben kein Kleingeld hatte, wenn man einen der gelben Kästen gefunden hatte. Heute nimmt man sein Handy und ist überall erreichbar und nicht nur dass, das Internet hat man auch überall dabei.

Oder die Empfangsstörungen beim Radio oder Fernsehen wenn in der Nachbarschaft bestimmte elektrische Geräte betrieben wurden. Zum Beispiel eine elektrische Kaffeemühle. Dann rauschte das Radio und das Fernsehbild zeigte nur noch Streifen. Und betrachtet man das genauer fällt auch auf, wie einfach man heute eine gute Tasse Kaffee bekommt. Man stellt nur noch die Tasse unter den Vollautomaten und drückt einen Knopf.

 

Und auch in der Softwareentwicklung hat sich vieles geändert. Früher musste man noch Bücher und Dokumentationen wälzen. Heute gibt man sein Problem in eine Suchmaschine ein und kann aus einer Vielzahl von Lösungen die passende auswählen. Und auch das Kompilieren und Debuggen geht so schnell und komfortabel, dass man sich beinahe ohne Zeitverlust auf Fehlersuche begeben kann. Früher musste man genau überlegen, ob man den Compiler auf Grund der langen Laufzeit überhaupt startete und zur Fehlersuche musste man nicht selten Testausgaben in die Verarbeitung einbauen um Bugs auf die Schliche zu kommen. Allerdings hat man den Eindruck, dass wegen dem limitierten Plattenplatz und dem kleineren Hauptspeicher mehr Gedanken in die Logik gesteckt wurde. Man wollte seine Funktion möglichst ressourcenschonend umsetzen – da spielt heute aber kaum noch eine Rolle.

Es ist schnell gesagt, dass früher alles besser gewesen sei. Doch sind wir mal ehrlich, einer richtigen Prüfung hält diese steile These sicher nicht stand oder wer wollte schon auf die vielen Annehmlichkeiten heute verzichten? Für mich steht fest: früher war nicht alles besser, aber vieles anders.

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