Seit Tagen hat es geregnet. Die Sandpisten haben sich in schlammige Rutschbahnen verwandelt, die den dichten Dschungel durchschneiden. Der LKW mit den wichtigen Teilen steht in der 900 km entfernten Provinzhauptstadt. Durch den Regen ist der gesamte Transportverkehr zum Erliegen gekommen. Da die Regenzeit in diesem Jahr ungewöhnlich früh und ungewöhnlich stark begonnen hat ist eine schnelle Besserung der Straßenverhältnisse nicht in Sicht. Der junge Bachelor Rüdiger, frisch von der Universität, läuft durch das Werk. Die Fertigung steht seit mehreren Tagen. Die Arbeiter beginnen unzufrieden zu werden, von der Führungsetage ganz zu schweigen. Dabei hat Rüdiger doch eine Lösung. Der LKW muss nur den luftgekühlten Fluxomaten mit widerstandslosem Drehwerk mitbringen und alles wird funktionieren. Er setzt sich unter den großen Ventilator in seinem kleinen Office. Trotz des Regens ist die Hitze kaum zu ertragen. Er wischt sich mit seinem Tuch über die Stirn und dringt erst mal eine Mate-Limonade. Er legt die Füße auf seinen Schreibtisch und liest sich noch mal die Spezifikation des Fluxomaten durch. Eine ganz neue Entwicklung und ein tolles Teil, was alle seine Probleme lösen wird und für den Regen kann doch niemand was.

 

Zwei Stunden später kommt der Ingenieur in Rüdigers Büro. In der Hand hält er einen Kanistomaten. Der lag im Lager und ist etwas eingestaubt. Der Ingenieur nimmt einen Schraubenzieher und befestigt einen Flanschadapter Klasse B an dem Auslass und schon passt der Kanistomat in die Fertigungsstraße kurz Druck aufbauen und schon läuft die Fertigung wieder, auch ohne Fluxomat. Der Bachelor staunt und erzählt noch mal ausführlich von den Vorzügen des neu entwickelten Fluxomaten. Der Ingenieur hört nur mit einem Ohr zu. Seine langjährige Berufserfahrung lässt ihn wissen, dass er den Fluxomaten wohl nie in der produktiven Umgebung zum Einsatz bringen kann.

Wie ich darauf komme? Wir haben hier in einem produktiven Projekt bei einem Industriekunden einen SQL-Server im Einsatz. In diesem werden Messwerte gespeichert. Nicht nur zwei oder drei sondern zu jedem Gerät weit über 1000 unterschiedliche Werte. Da kommen schon beachtliche Datenmengen zusammen. Wir brauchen hier eine Lösung für eine Datensynchronisation und eine möglichst schnelle Auswertemöglichkeit. Der Bachelor beschäftigt sich neben der täglichen Arbeit seit einigen Wochen damit. In unserem Jour Fixe erzählt er dann von tollen neuen graphenorientierten Datenbanken. Versteht mich bitte nicht falsch, aber so arbeitet kein Ingenieur. Über defacto Industriestandards beim Kunden kann man sich nur schwer hinweg setzen. Ich habe nichts gegen die Verwendung von neuen Technologien aber der Einsatz muss auch möglich sein. Und so lange das nicht gegeben ist, muss man eben mit den Mitteln auskommen, die vorhanden sind. Von einer modernen Lösung mit modernen Technologien zu träumen ist in diesem Fall dann auch so gut wie keine Lösung.

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